Interview mit Lutz Korte

Es gibt die Band jetzt immerhin schon seit 1993, und ihr habt ? für mich einfach unverständlich ? immer noch keinen Plattendeal. Gab es in all den Jahren keine ernstzunehmenden Angebote, oder wolltet ihr einfach unabhängig bleiben? Habt ihr für die Zukunft konkrete Ambitionen in Bezug auf Vertragsunterzeichnungen jedweder Art?

Es gab da schon interessierte Nachfragen, aber ein konkretes Angebot hat uns noch keiner gemacht. Aber wie für jede ambitionierte Band ist ein Plattenvertrag auch für uns das oberste Ziel. Schauen wir mal, was »Profondo Rosso« so für Wellen schlägt. Vielleicht regt sich ja bald irgendwo ein Interessent. Andererseits hoffen wir natürlich auf einen Deal, der uns im Vorfeld, zumindest einigermaßen finanziell unterstützt. Wir sind nicht so naiv von einer 100 000 Marks-Advance zu träumen, aber das Label sollte es ermöglichen, daß wir im Studio an dem Album feilen, bis es gut ist. Daß Whitey (unser Produzent) das STONEHENGE STUDIO sein Eigen nennt, ist da bestimmt nicht von Nachteil für das Label.

Wie sieht euer Gigpensum im Durchschnitt aus? Wenn man sich auf eurer Homepage (s. u.) umschaut, gewinnt man den Eindruck, dass ihr zwar durchaus aktiv seid, aber dass da eigentlich noch mehr drin sein müsste. Keine Lust oder keine Angebote?

Wir spielen auf das Jahr verteilt ca. ein bis zwei Gigs im Monat. Das sollte mehr sein, und wir würden auch gerne mehr spielen, aber Du weißt ja selbst, wie schwer die Gig-Beschaffung für ungesignte Undergroundbands von Statten geht. Mittlerweile kommt die Sache aber langsam ins Rollen, da durch unsere häufiger werdenden Liveauftritte ehemalige Zuschauer auf den Gechmack kommen, uns für andere Veranstaltungen einzuladen. Generell sind wir immer an Gigs interessiert und spielen mit Undergroundbands für Benzingeld und Verpflegung, oder auch einfach gegen Austauschgig.

In welchem Land/Ort/Club und mit wem zusammen würdet ihr gerne mal auftreten?

Wir würden gerne mal auf Südamerika Tour gehen. Das wäre pure Gewalt. Allerdings hat jeder von uns da seinen eigenen Traumpartner. Bei mir wäre das zum Beispiel BOLT THROWER. War-Metal rules!

Eine simple Methode, um den Erfolg einer Band auszuwerten, ist die Frage nach den Verkaufszahlen der Veröffentlichungen. Wie sieht es da bei euch aus, habt ihr ungefähre Zahlen für eure drei Outputs?

Da brillieren wir nicht so, glaube ich. Von den 500 »EYES«-Demos gibt es noch ca 50 Stück. Das »FARKAS? LEMMA«-Demo haben wir nur zusammen mit dem »EYES« auf eine CDR gebrannt als »DEMO-COLLECTION« ungefähr 200 Mal verkauft und verschickt. Und von der im April veröffentlichten MCD »PROFONDO ROSSO« sind bislang knapp 400 weg. Wir hoffen, daß wir mehr spielen, dann geht der Verkauf auch etwas besser. Außerdem müssen noch viele Distros bemustert werden.

Guido, du arbeitest nebenbei noch im Stonehenge-Studio, in dem ihr auch aufgenommen habt, und zeichnest als freischaffender Grafiker auch für das CD-Design verantwortlich. Abgesehen vielleicht vom finanziellen Aspekt, hilft euch das eher bei der Produktion oder kann es auch behindern, indem man sich zu sehr auf seinen eigenen Horizont einschränkt? Jeder Producer/Künstler/… hat seinen eigenen Stil ? könnte mehr Einfluss von außen neue, vielleicht andere Akzente setzen oder seht ihr da vielleicht gar kein Problem?

Es hat uns meines Wissens noch nie behindert, da ich sehr ojektiv urteilen, und außerdem immer eine ehrliche Kritik vom Whitey erwarten kann. Er weiß, wie ich, ganz genau wie AARDVARKS klingen müssen, und wir hatten noch nie Probleme klangtechnisch auf einen Nenner zu kommen. Und wenn ich grafisch daneben liegen sollte, werden er und die Jungs mir das schon sagen. Ich glaube nicht, daß ein Außenstehender das was AARDVARKS ausmacht besser wiedergeben kann. Da das grafische wie musikalische Konzept der AARDVARKS sich immer igendwo zwischen Klischee und Innovation bewegt, wäre dies sehr schwer für jemanden zu realisieren, der nicht wirklich mit der Sache vertraut ist. Ich hatte, zumindest für meine Auffassung der Sache, noch nie bewußte Blockaden bei meiner grafischen wie musikalischen Arbeit für AARDVARKS. Außerdem würde ich es keinem außenstehenden Grafiker wünschen, ein Cover für AARDVARKS zu gestalten, das unter anderem von mir abgesegnen werden muß.

Was bedeuten die Band und die Musik, die ihr macht, für euch? Ist das ganze eher ein semiprofessionelles Hobby (für das man viel Zeit investieren muss), oder würdet ihr bei entsprechenden Angeboten dafür auch eure Jobs an den Nagel hängen und ausschließlich Musik machen?

Momentan ist es semiprofessionell, da jeder von uns seine Brötchen mit anderem verdient. Sollte sich jedoch die Möglichkeit ergeben, davon zumindest leben zu können, würde jeder von uns die Band zum Beruf machen. Daran arbeiten wir ja jetzt schon 60% unserer Freizeit.

Ihr habt kürzlich (… als dieses Interview geplant wurde, traf der Ausdruck noch zu …) mit »Profondo Rosso« »wieder nur« eine MCD herausgebracht (s. Review in dieser Ausgabe), auf der neben einer Cover-Version nur drei eigene Songs enthalten sind. Hat das finanzielle Gründe, oder seid ihr einfach nur so langsam beim Schreiben neuer Songs … :-)?

Das hat ausschließlich finanzielle Gründe. Wir und Whitey konnten es uns gerade leisten, 20 Minuten Material für Promozwecke (was anderes ist die MCD nicht) in, für eine Schnellproduktion, anständiger Qualität auf Band zu bannen. Für mehr hatten wir kein Geld und dadurch keine Zeit, denn bei einer Spielzeit von mehr als 21 Minuten wird nicht nur die Aufnahme teurer, sondern die Pressung wird dann auch als Longplayer abgerechnet. Also haben wir uns gesagt, lieber vier Songs anständig, als ein halbgares Produkt abzuliefern. Was unser Material angeht hätten wir Songs für fast zwei Longplayer zusammen, obwohl Du andererseits Recht hast: Wir sind sehr langsam im Songschreiben, da wir sehr penibel sind, was die Songstruktur und das Riffing angeht. Das Arangement muß stimmen, die Übergänge müssen ? bis auf wenige Ausnahmen ? logisch nachvollziehbar sein, und die Melodien und Riffs müssen greifen. Mit den Texten ist es genauso. Alles muß sich reimen, gut klingen, rhytmisch passen und ? in welcher Form auch immer ? bedeutsam sein. So braucht ein Song schonmal seine Reifezeit.

Wenn man euch sowohl auf als auch hinter der Bühne beobachtet, fällt einem diese extreme Schizophrenie auf, die ihr an den Tag legt: Auf der Bühne das personifizierte Böse (besonders Bassist Sven, das Monster) und backstage die Kindertagesstätte für potentielle Schwiegersöhne ? benötigt man für eine solche Metamorphose eine spezielle Ausbildung (z. B. 17 Jahre Shaolin-Kloster in Bad Salzuflen)?

Wir sind im privaten Leben nur deshalb so friedfertig und ausgeglichen, weil wir (fast) all unsere agressiven Energien in den Metal packen. Denn da gehören sie hin.

Wie kommt man eigentlich dazu, einen Bandnamen zu wählen, mit dem man eigentlich nur verarscht werden kann (Quarkvaarks, Arschfax …) und der übersetzt eine auch nicht besonders andere Wirkung erzielt (Erdferkel …)?

In weiser Vorraussicht habe ich damals nach reiflicher Überlegung diesen Namen gewählt. Der Name brachte uns schon oft gigantische Vorteile bei alphabetischen Auflistungen. Ferner gibt es ? wie schon an anderer Stelle erwähnt ? die nachtaktive und im Untergrund wühlende Parallele zu uns. Im chinesischen Tierkreiszeichen bin ich »Metall-Schwein«, wodurch auch ich einen persönlichen Bezug zu dem Namen habe. Und außerdem ist er in jedem Interview ein zentrales Thema, welches schon viele Zeilen geschunden hat.

Einer der größten Erfolge in eurer Laufbahn dürfte Guidos Aufnahme in den McDonalds Junior Club gewesen sein. War das ganze eigentlich nur eine geschickt eingefädelte Promo-Aktion, oder geschah der Beitritt aus Überzeugung heraus? Habt ihr für die Zukunft ähnlich spektakuläre Dinge geplant?

Aus wahrer Überzeugung geschah das nicht, da ich politischen Extremismus ablehne. Die Sache ist meinen PR-Beratern Ludos »Mc Flurry« Kortez und Omar-Hans Aouglu in die Schuhe zu schieben. Sie versprachen sich davon, Boden bei den jüngeren Zuhörern gutmachen zu können. Ich war anfangs skeptisch, habe aber schließlich zugestimmt. Ob sich diese Aktion gelohnt hat, wird die nahe Zukunft zeigen. Dann kann ich nämlich die ersten Früchte der Mitgliedschaft in Form eines Happy-Meals in der McDonalds Filiale Rothenburg einnehmen.

Was habt ihr allgemein für die Zukunft geplant?

Wir werden unsere Aktivitäten wie gehabt zäh weiterführen. Fleißig Promos verschicken, Undergroundkontakte knüpfen, Interviews geben, Songs schreiben. Wir werden versuchen, unsere Live-Präsenz zu steigern und hoffen, bald mit Hilfe eines vertrauenswürdigen Labels einen Longplayer einspielen zu können.

Habt ihr vielleicht noch Antworten auf Fragen, die ich nicht gestellt habe?

Uns geht es gut.

… und weil Kollege Kosbab das auch immer macht, wenn ihm keine Fragen mehr einfallen: Bitte nennt doch mal eure fünf Lieblingsbands/-Alben.

Da kann ich jetzt nur für mich sprechen. Und da es nahezu unmöglich ist, sich auf 5 Alben zu beschränken, habe ich einfach 10 draus gemacht. Du mögest mir verzeihn.

1. CARCASS ? Heartwork
2. BOLT THROWER ? … for Victory
3. CONAN THE BARBARIAN ? O.M.P.S.
4. ANNIHILATOR ? Alice in Hell
5. SLAYER ? Reign in Blood
6. SEPULTURA ? Beneath the Remains
7. METALLICA ? Master of Puppets
8. DEATH ? Spiritual Healing
9. SODOM ? Agent Orange
10. LUDWIG HIRSCH ? Dunkelgraue Lieder